Im Geheimdienst Ihrer BRD
Ok, James Bond haben wir nicht getroffen, aber einen Mann mit „Legende“. Denn an einem sommerlich-warmen Sonntag steigen wir hinab in den Weinberg – hinein in den ehemaligen, damals gut versteckten Regierungsbunker. Und erfahren dabei so manches Geheimnis aus der Vergangenheit – vom Mann mit Legende.

Fünf Fakten
Funktion? |
Sicherheitsbunker für die Regierung |
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Platz für? |
Ca. 3.000 Personen |
Wo genau? |
Tief unter einem Weinberg in der Eifel |
Länge? |
17,3 km. Ja, richtig gelesen. |
Besuch? |
Zu besichtigen: 230m mit Führung. |

Mit einem "Frohe Weihnachten" beginnt unser Ausflug an einem warmen Sonntagmorgen im Juli. Schließlich hatte Caro den Besuch im Regierungsbunker von Schwester und Schwager quasi unterm Weihnachtsbaum gefunden. Spontan kommt auch Hannah mit ins Ahrtal. OK, sie hatte wohl den Kanzlerbunker mit dem Kanzlerbungalow verwechselt... Dabei war sie trotzdem.



Pilze bei 12 Grad
Bevor es los geht, heißt es erst mal: „JACKE AN“. Denn hier ist es, seitdem der Bunker und damit auch die Heizung 1997 außer Betrieb genommen wurde, gleich „warm“: 12 Grad! Die Bunkeranlage entstand übrigens in zwei alten, nie fertig bebauten Eisenbahntunneln. Heute könnt ihr 230 m der Anlage im Rahmen einer Führung besichtigen. Funfact: Bevor die Tunnel der Regierung im Kalten Krieg als Rückzugsort dienten, wurden hier wohl Pilze gezüchtet. Die lieben es anscheinend ungemütlich.


Alles da!
Vorbei geht`s an riesigen Toren, Dekontaminationsduschen (links – man beachte den Scheibenwischer), Schaltzentralen, Sanitär-, Schlaf- und Büroräumen. Ob Fernsehstudio, Krankenstation, Kantine oder Plenarsaal. Alles da, was ein Regierungssitz so braucht – nur ohne Fenster und top secret.


James Bond am Faxgerät
Hier trifft: BRD Biederkeit auf James Bond Feeling: Spartanisches Stockbett auf geheime Schaltzentrale.


Ernstfall
In den Übungen probte das Militär, zivile Regierungsbeamte und Techniker den echten Verteidigungsfall. Kurz fragen wir uns: „Wie, die nutzen selbstgebastelte Magnetsymbole und Telefone mit Wählscheibe“? Doch schnell wird uns klar: Hier wurde nie nur ein bisschen Krieg gespielt, sondern minutiös der Atomkrieg geprobt. In unseren Zeiten der Aufrüstung und des Kriegs in Europa ein absoluter Gänsehaut-Moment, der bei uns noch lange nachhallt.


Uns führt heute Herr Groß durch die unterirdischen Gänge. Und das entpuppt sich schnell als Glücksfall. Denn er hat selbst viele Jahre in der Anlage gearbeitet. Zuständig war er für die Wasserqualität. Und jetzt wird’s tatsächlich noch mal top secret: Wie bei allen, die hier tätig waren, galt für ihn die Geheimhaltungspflicht. Keine Info durfte raus. Nichts durchsickern.
Nur seine Frau wusste, wo er wirklich arbeitete. Für alle anderen - auch für seine Kinder - war er bei der Bundespolizei. Das war seine "Legende". Seine Fake-Identität. Heute ist Herr Groß ganz er selbst beim Heimatverein Alt-Ahrweiler und erzählt uns wie es war, als im Bunker der Ernstfall geprobt wurde.


Tunnels
Am Ende des Museumsgangs gibt es für uns noch einen imposanten Ausblick. Denn ab hier wurden alle Bunkereinbauten – bis zu den nackten Tunnelwänden – aus der Anlage entfernt. Massen an Beton und Material wurden dafür bewegt. Warum? Erwischt. Selbst Herr Groß weiß nicht alles. Warum? Antwort verweigert – von höherer Stelle. Top secret eben.

Mittagessen
Nach 1,5 Stunden hatte uns das Tageslicht und die sommerliche Wärme wieder. Eine lebendige Geschichtsstunde und bedrückend aktuell. Höchste Zeit für eine Mittagspause! Und so sitzen wir 10 Minuten später mit einem Glas Wein auf der Terrasse des Restaurants Ruland direkt an der Ahr mit Blick auf den Lavendelgarten und Burg Are. Genüßlich kauend überlegen wir, was denn wohl unsere Legende wäre, wenn wir Geheimagent:in – ähh Geheimbeamt:in – wären…
